Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Produktionskapazitäten für die erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa ausbauen. Am Dienstag stellte er dazu nach einem gemeinsam mit den Branchenvertretern der deutschen Solar- und Windenergie sowie der Stromnetze durchgeführten dritten „Produktionsgipfel zur Stärkung der Energiewendetechnologien“ die Eckpunkte in einer Pressekonferenz vor.
„Alles gelingt nur, wenn wir Planungs- und damit Investitionssicherheit schaffen, Ausweisung von Flächen für Windenergie- und Solaranlagen und schnellere Genehmigungen“, so der Minister. Das seien die Voraussetzungen, „damit der technische Teil überhaupt gelingen kann“. Er appellierte an die Länder, schneller bei Flächenbereitstellung und Genehmigungen zu verfahren. „Wir räumen hier auf Bundesebene alles aus dem Weg, was irgendwie behindern kann.“ Der Wiederaufbau der Solar- und Windindustrie müsse hier mit Nachdruck vorangetrieben werden. Das sei vor dem weiter zunehmenden globalen Konkurrenzdruck insbesondere durch die USA und China unumgänglich.
Als erste Handlungsempfehlung nannte Habeck eine stärkere Opex- und Capex-Förderung, also Investitions- und Betriebskostenzuschüsse. Das sei in Europa mit den derzeitigen Beihilfeverfahren nur eingeschränkt möglich. Hier müsse angepasst werden. Denkbar sei es, diese Gelder über einen Transformationsfonds aufzubringen. Die Kosten lassen sich laut Habeck aber noch nicht beziffern. „Und wir wollen weitere Instrumente, und da gehört beispielsweise auch ein Industriestrompreis hinzu.“
Ein weiterer Hebel im Maßnahmenpaket wird in der Kapitalausstattung der Unternehmen gesehen. „Hybridkapital“, also das Zusammenbringen staatlicher und privatwirtschaftlicher Investitionssummen, ist nach Einschätzung von Habeck ein gutes Instrument, „von dem ich mir viel verspreche“ und das Planungssicherheit schaffe. Dabei sollen Firmen Garantien erhalten, um bei sich verzögernden Projekten schon frühzeitig Aufträge vergeben, Rohstoffe ordern, Personal einstellen zu können. Unternehmen erhalten damit quasi eine Garantie für zukünftig anstehende Geschäfte, die aber noch nicht im Auftragseingang mit konkreten Buchungen hinterlegt sind. Für den Staat seien solche Garantien ein kalkulierbares Risiko, so Habeck. Dauerhafte Beteiligungen an den Unternehmen solle der Staat aber nicht halten. Der Minister verwies darauf, dass ein solcher Schritt noch beihilferechtlich in Brüssel geklärt werden müsse.
Um die Innovationen in den Transformationstechnologien voranzubringen, wird im Maßnahmenkatalog auch eine mögliche Förderung im IPCEI-Rahmen angedacht. „Wir werben dafür, dass das auch für die Erneuerbaren-Technologien möglich ist“, so der Grünen-Politiker. Bis dato umfasst IPCEI die Wasserstoff-, Batterie-, Halbleiter- und Medizintechnologien.
Die Initiative komme genau zur rechten Zeit, kommentierte Jörg Ebel, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. Weltweit habe ein „beispielloses Rennen um die Solarenergie begonnen“. Die globale Solartechniknachfrage explodiere, und auch bei den Produktionsstandorten künftiger Solarfabriken sei ein harter internationaler Wettbewerb entbrannt. „Wir haben in Deutschland ein Jahrzehnt der solaren Deindustrialisierung hinter uns. Jetzt ist es dringend geboten, das bei der Fertigung solarer Komponenten verlorene Terrain zurückzugewinnen.“ Um in den kommenden 10 Jahren den geplanten PV-Anteil an der Stromerzeugung hierzulande von derzeit 10 auf geplante 30 Prozent zu erhöhen, dürfe sich das Land nicht allein auf Importe verlassen. „Wir brauchen den Aus- und den Aufbau einer starken Solarindustrie in Europa, eine sichere industrielle Grundversorgung und zwar entlang der gesamten solartechnischen Wertschöpfungskette – vom Maschinenbau über die Wafer, Wechselrichter bis hin zu Solarmodulen.“
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie (BWE), bescheinigte der Initiative viel Gutes. „Es geht aber im Detail darum, wie die Maßnahmen ausgearbeitet werden.“ Die schnellere Flächenausweisung sei die wichtigste Grundlage, um den Hochlauf zu ermöglichen. Er plädiert dafür, das 2-Prozent-Ziel nicht in 2 Stufen bis 2032, sondern vorgezogen in einem Schritt bereits schon 2025 umzusetzen. Und er appelliert an die Bundesländer, dies mit eigenen Initiativen zu unterstützen. „Denn Flächen benötigen Genehmigungen, und Genehmigungen sind die Aufträge von morgen.“
Albers begrüßte, dass im März die EU-Notfallverordnung in Kraft tritt. „Auch das ist ein Instrument, das den industriepolitischen Prozess und den Hochlauf unterstützen wird.“ Dabei sei auch wichtig, dass das Repowering erleichtert werde.
Von zentraler Bedeutung, um bei den Energiewendetechnologien Vollgas geben zu können, sei die Planungssicherheit. Sie sei „die wichtigste Währung in diesem Prozess“, so Albers, und müsse sich mindestens auf 10 Jahre erstrecken. Kritisch sieht der BWE-Chef derzeit die globale Konkurrenzsituation um die Standorte. Mit dem Inflation Reduction Act der USA würden Unternehmen auch aus Europa massiv angelockt. Europa reagiere aber momentan lediglich mit einer Absichtserklärung, ohne hier konkret etwas zu unterlegen.