IEA rechnet 2028 mit Erneuerbaren-Anteil von 42 Prozent an der weltweiten Stromerzeugung

Bild: Vestas

Die International Energy Agency (IEA) rechnet damit, dass bereits 2025 die erneuerbaren Energien zur wichtigsten Quelle für die weltweite Stromerzeugung aufsteigen. Das geht aus ihrem aktuell vorgelegten Bericht "Renewables 2023 – Analysis and forecast to 2028" hervor. Gegenwärtig wird diese Position noch von der Kohle gehalten. 2023 war weltweit ein Zubau an Erneuerbaren-Kapazitäten zur Stromerzeugung von 507 GW zu verzeichnen – nahezu 50 Prozent mehr als 2022. Auf Solarenergie allein entfielen drei Viertel der globalen Kapazitätszuwächse.

Die IEA erwartet, dass unter den bestehenden Politiken und Marktverhältnissen die globale Erneuerbaren-Kapazität um nahezu 3.700 GW im Vergleich zum Stand des Jahres 2023 auf 7.300 GW bis zum Jahr 2028 steigt. Dieser Wachstumskurs würde dazu führen, dass die globale Kapazität bis 2030 auf das 2,5-fache ihres aktuellen Niveaus zunimmt. Damit würde das bei der Weltklimakonferenz in Dubai im Dezember 2023 verabschiedete Übereinkommen, das eine Verdreifachung der weltweiten Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2030 beinhaltet, insoweit nicht ganz verwirklicht.

Globale Stromerzeugung bis 2028 in starkem Wandel

Von der erwarteten Ausbauleistung an Erneuerbaren-Anlagen in Höhe von insgesamt rund 3.700 GW bis 2028, getrieben durch flankierende Politiken in mehr als 130 Staaten, werden Solar PV und Wind rund 95 Prozent ausmachen. Dies führt weltweit zum Erreichen folgender Meilensteine:

  • Auf Basis Wind und Solar zusammen gerechnet wird 2024 erstmals mehr Strom als aus Wasserkraft erzeugt werden.
  • 2025 werden die erneuerbaren Energien zur stärksten Stromerzeugungsquelle aufsteigen und die Kohle von diesem Rang verdrängen.
  • 2025 und 2026 werden sowohl Wind als auch Solar PV die Stromerzeugungsmenge auf Basis Kernenergie übertreffen.
  • Bis 2028 verdoppelt sich der Anteil von Wind und Solar PV an der Stromproduktion auf 25 Prozent. Alle erneuerbaren Energien zusammen gerechnet erreichen dann 42 Prozent an der erzeugten Strommenge.

China wichtigster Treiber der Entwicklung

Die Neuinstallationen von Erneuerbaren-Kapazitäten in der Europäischen Union, in den USA sowie in Indien und Brasilien verzeichneten 2023 neue Höchststände. Es wird erwartet, dass die bis 2028 zusätzlich installierten Kapazitäten auf Basis Wind und Solar PV mehr als doppelt so stark ausfallen wie in den letzten fünf Jahren. Die stärkste Beschleunigung wird aber in China verzeichnet. Für China wurde eine Steigerung im Kapazitätszubau von 116 Prozent bei Solar und von 66 Prozent bei Wind ermittelt. Nach Einschätzung der IEA wird der Zubau an Erneuerbaren-Kapazitäten in China im Zeitraum 2023 bis 2028 das Vierfache im Vergleich zur Europäischen Union und das Fünffache im Vergleich zu den USA ausmachen, wobei die EU und die USA gleichwohl die zweit- bzw. drittgrößten Wachstumsmärkte bleiben. Fast 60 Prozent der bis 2028 weltweit neu installierten erneuerbaren Stromerzeugungsleistung entfallen auf China. Das Ziel der chinesischen Regierung, bis 2060 Treibhausgasneutralität zu erreichen, unterstützt durch Anreize im Rahmen des 14. Fünfjahresplans (2021–2025), sowie die große Verfügbarkeit lokal hergestellter Ausrüstung und kostengünstiger Finanzierungen stimulieren den Ausbau erneuerbarer Energien. Angesichts dieser Entwicklung wird der Anteil der Erneuerbaren an der gesamten Stromerzeugungsmenge in China bis 2030 nach Einschätzung der IEA auf knapp die Hälfte – gegenüber 30 Prozent im Jahr 2022 – zunehmen.

Trotz der beispiellosen Ausweitung der PV-Produktion in den Vereinigten Staaten und Indien, die durch politische Unterstützung vorangetrieben wird, rechnet die IEA damit, dass China seinen Anteil von 80 bis 95 Prozent an den globalen Lieferketten (je nach Produktionssegment) beibehalten wird. Die IEA geht davon aus, dass die Entwicklung der inländischen PV-Produktion die Versorgungssicherheit erhöhen und den lokalen Gemeinden wirtschaftliche Vorteile bringen wird. Allerdings dürfte der Ersatz von Importen durch eine teurere Produktion in den Vereinigten Staaten, in Indien und in der EU die Kosten für den gesamten PV-Einsatz in diesen Märkten erhöhen.

Aussichten für den Zubau von Windanlagen, insbesondere offshore, außerhalb Chinas weniger optimistisch

Die Windindustrie, insbesondere in Europa und Nordamerika, steht aufgrund einer Kombination aus anhaltenden Unterbrechungen der Lieferkette, höheren Kosten und langen Genehmigungsfristen vor Herausforderungen. Die Projektentwicklung verlief schleppender als erwartet. Dies hat dazu geführt, dass die Prognose für Onshore-Windenergie außerhalb Chinas von der IEA nach unten korrigiert wurde.

Am härtesten getroffen hat das veränderte makroökonomische Umfeld die Offshore-Windenergie. Deren Ausbau-Perspektive bis 2028 außerhalb Chinas wurde um 15 Prozent gegenüber vorherigen Annahmen verringert. So sind die Investitionskosten für Offshore-Windanlagen heute mehr als 20 Prozent höher als noch vor wenigen Jahren. Im Jahr 2023 haben Entwickler 15 GW an Offshore-Windprojekten in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich abgesagt oder verschoben. Für einige Entwickler spiegelt die Preisgestaltung für zuvor vergebene Kapazität nicht die gestiegenen Kosten wider, was die Finanzierbarkeit von Projekten verringert hat.

Perspektiven für Wasserstoff abgeschwächt

Es wird prognostiziert, dass die erneuerbare Stromerzeugungskapazität für die wasserstoffbasierte Brennstoffproduktion zwischen 2023 und 2028 um 45 GW wachsen wird, was nur schätzungsweise 7 Prozent der für diesen Zeitraum angekündigten Projektkapazität ausmacht. Auf China, Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten entfallen bis 2028 mehr als 75 Prozent der erneuerbaren Kapazitäten für die Wasserstoffproduktion. Trotz der Ankündigung neuer Projekte und Pipelines waren die Fortschritte bei geplanten Vorhaben verhalten. Die IEA hat deshalb die Prognosen für alle Regionen außer für China reduziert. Hauptgründe dafür sind die langsame Umsetzung geplanter Projekte in endgültige Investitionsentscheidungen aufgrund fehlender Abnehmer und der Auswirkungen höherer Preise auf die Produktionskosten. Die Entwicklung eines internationalen Wasserstoffmarktes wird als eine zentrale Unsicherheit gesehen. Dies gilt insbesondere für Märkte, die eine begrenzte inländische Nachfrage nach Wasserstoff haben, so die Einschätzung der IEA.

Ausbau erneuerbarer Wärmeversorgung noch unzureichend zum Erreichen der Pariser Klimaziele

Die Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmesektor nimmt im Prognosezeitraum nach den Analysen der IEA weltweit um 40 Prozent zu. Damit steigt der Anteil erneuerbarer Energien von 13 Prozent auf 17 Prozent des gesamten Wärmeverbrauchs. Diese Entwicklung ist vor allem auf die vermehrte Nutzung von Strom für Prozesswärme zurückzuführen – insbesondere durch den Einsatz von Wärmepumpen in nicht-energieintensiven Industrien – sowie auf den Einsatz elektrischer Wärmepumpen und Heizkessel in Gebäuden, die zunehmend mit erneuerbarem Strom betrieben werden.

China, die Europäische Union und die Vereinigten Staaten führen diese Trends aufgrund politischer Unterstützung an. Dazu gehören aktualisierte Ziele in der Europäischen Union und in China, starke finanzielle Anreize in vielen Märkten, die Einführung von Verpflichtungen im Bereich der erneuerbaren Wärme sowie Verbote fossiler Brennstoffe im Gebäudesektor. Allerdings reichen die bis 2028 absehbaren Trends nach Aussage der IEA trotzdem nicht aus, die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Wärmeerzeugung hinreichend zu begrenzen, um den Zielen des Pariser Abkommens gerecht zu werden.

Der 142 Seiten umfassende Bericht der IEA ist hier online abrufbar.

Artikel von Hans-Wilhelm Schiffer
Artikel von Hans-Wilhelm Schiffer