Das Plenum des EU-Parlaments hat sich zum neuen EU-Zertifizierungsrahmen für den technologischen und natürlichen CO2-Abbau (Carbon removals) festgelegt. Den hatte die EU-Kommission am 30. November 2022 in einem Verordnungsentwurf vorgelegt. Weil sich die ständigen Botschafter der EU-Mitgliedstaaten (AStV) - am 17. November - auch schon positioniert haben, können die Trilogverhandlungen zwischen der EU-Kommission, den Unterhändlern des EU-Ministerrats und denen des EU-Parlaments beginnen. Der Rat und das EU-Parlament befürworten den Kommissionsvorschlag im Großen und Ganzen.
Darin geht es um die Zertifizierung der CO2-Entfernung aus der Luft mit Speicherung (DACCS), Bioenergie mit CO2-Abscheidung und Speicherung (BECCS) und die Speicherung von CO2 in Böden und Wäldern (Carbon Farming). Der Vorschlag legt Überwachungs-, Berichterstattungs- und Verifizierungsregeln (MRV) für den Kohlenstoffabbau fest.
Nicht unter die Verordnung fällt die Abscheidung von fossilem Kohlenstoff zur Speicherung (CCS) oder Nutzung (CCU). Die EU-Verordnung folgt der Strategie für „Nachhaltige CO2-Kreisläufe“, die die EU-Kommission im Dezember 2021 vorgestellt hatte.
Anders als in der Strategie angedacht, sind die Zertifikate für “Carbon Removals” in der Verordnung nicht handelbar. Vorteile für ihre Inhaber sind Staatsbeihilfen, Förderungen mit Geldern aus dem EU-Landwirtschaftsfonds oder dem EU-Innovationsfonds. Auf keinen Fall sollen sie ein Äquivalent zu CO2-Zertifikaten des Emissionshandelssystems sein.
Die Zertifizierung soll freiwillig sein und vier Qualitätskriterien unterliegen: Was an CO2 entfernt wurde, muss genau gemessen werden; die Aktivitäten zur CO2-Entfernung müssen zusätzlich sein, d.h. nur neue werden anerkannt; die Zertifikate sind an die Dauer der CO2-Speicherung gekoppelt und die CO2-Entfernung muss nachhaltig sein, d.h. etwa Wasser- und Meeresressourcen und Biodiversität bewahren.
Zwar ist die Verordnung zunächst auf die Landwirtschaft zugeschnitten, aber auch Gas- und Ölunternehmen, die über die technologischen Fähigkeiten verfügen, atmosphärisches CO2 zu entfernen, könnte sie neue Geschäftsmodelle erschließen helfen.
Der Klimaforscher und Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung Ottmar Edenhofer hält negative C02-Emissionen für erforderlich, weil allein durch die Vermeidung des CO2-Ausstoßes das 1,5 Grad-Ziel nicht erreicht werden kann. Für die Technologien negativer CO2-Emissionen brauche es aber in der EU ein finanzielles Anreizsystem. Denn die dafür notwendigen Finanzmittel seien gewaltig. Sie könnten 1 Prozent des Sozialprodukts der EU ausmachen, sagte er in einem Interview im Deutschlandfunk. Edenhofer hielt es für sinnvoll, ein EU-weites Ziel für negative Emissionen festzulegen. Die negativen CO2-Emissionen dürften aber nicht auf das Ziel der CO2-Vermeidung angerechnet werden, um letztere nicht zu behindern.