Eine belastbare Datenlage, was so genannte Balkonsolarkraftwerke zur Energiewende beitragen können, ist kaum vorhanden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jedenfalls schätzt, dass etwa 20 Millionen der 43 Millionen Mietwohnungen hierzulande für ein Balkonkraftwerk geeignet sind. Bei gemittelten 400 Watt an Leistung seien das „8 GW, die damit erzeugt werden können, so viel, wie 4 bis 5 Atomkraftwerke leisten würden“, kommentierte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz in einer Pressekonferenz zur Unterstützung einer Klage auf Genehmigung eines Balkonkraftwerks.
Zwar sei über das neue Solarpaket für das kommende Jahr nun ein vereinfachter Rahmen für die Nutzung von Balkonkraftwerken vorgesehen, „aber die größte Hürde ist immer noch, dass die Immobilieneigentümer zustimmen müssen, ob die Anlage angebracht werden darf“. Um Mieter in diesem Kontext vor überzogenen Anforderungen zu schützen, unterstützt die DUH nun eine Klage einer Mietpartei in Kiel, die seit 2022 bemüht ist, für ihre Wohnung von der Hausverwaltung eine Erlaubnis für eine Balkonanlage zu erhalten.
Zuerst, erklärte Kläger Matthias Weyland, habe die Hausverwaltung die Anbringung aus optischen Gründen untersagt. Nach 2 weiteren Ersuchen sei dann in einer Art Salamitaktik unter anderem ein Gutachten zur Statik des Balkons, ein Brandschutzgutachten, die Prüfung der gesamten Hauselektrik und eine Montage durch einen Fachbetrieb gefordert worden. Völlig überzogene Forderungen, die tausende Euro Mehrkosten verursachen und Balkonkraftwerke damit unattraktiv machen würden, so der Mieter.
Nun haben sich die Weylands zu einer Klage entschieden und Rechtsanwalt Dirk Legler beauftragt. „Die Frage zum Vermieter-Mieter-Dilemma ist bei dem neuen Entwurf zu den Balkonsolarkraftwerken nicht adressiert“, kommentiert Legler. Hier solle mit der Klage nun mehr Sachlichkeit und Rechtssicherheit geschaffen werden. Denn es könne nicht angehen, dass etwa für eine Anlage mit einem Gewicht von lediglich 20 Kilogramm - und damit vergleichbar einem Blumenkasten - ein Statikgutachten für noch dazu einen jüngst sanierten Balkon notwendig sei. Auch würden senkrecht angebrachte PV-Platten in keiner Weise brandschutztechnisch zu Beeinträchtigungen bei einem eventuellen Feuerwehreinsatz führen.
Legler will erreichen, dass Vermieter die Installation von Balkonkraftwerken nicht aus fadenscheinigen Gründen verhindern dürfen. „Mein Credo: Ein Balkonkraftwerk sollte nur aus sachlichen Gründen abgelehnt werden können, und genau danach sollten sich Vermieter richten.“ Er sieht aber durchaus auch akzeptable und nachvollziehbare Argumente und zu berücksichtigende Bedingungen, etwa dann, wenn öffentlich-rechtliche Bereiche im Baurecht oder im Abstandsrecht tangiert würden. Auch müsse selbstverständlich gelten, die Anlagen mieterseitig hinreichend in eine Haftpflichtversicherung einzubinden, ebenso in eine Hausratversicherung. Zudem sei vom Mieter die Übernahme der Rückbaukosten bei Auszug zu garantieren.
Auch Barbara Metz erhofft sich von dem Klageschritt in Kiel mehr Rechtssicherheit. Sie setzt darauf, damit auch die Akzeptanz für Balkonkraftwerke in der Breite der Bevölkerung weiter zu erhöhen. Das Interesse sei da, denn allein in diesem Jahr seien 137.000 Anlagen hierzulande in Betrieb genommen worden. Registriert sind der DUH-Chefin zufolge rund 230.000 Balkonkraftwerke. Und die Zahl der nicht registrierten sei wohl deutlich höher, so Metz weiter. „Wir gehen schätzungsweise von einer halben Million installierten Anlagen aus.“ Balkonkraftwerke hätten das Potenzial, jährlich 3,6 Millionen Tonnen CO2 einzusparen, bis 2030 seien das in Summe rund 25 Millionen Tonnen.