Die PV-Branche boomt. „Photovoltaik auf dem eigenen Hausdach ist die beste Strompreisbremse. Das sehen nun viele so“, kommentierte Alex Melzer, CEO des auf PV-Komplettlösungen für Dächer spezialisierten Startups zolar, in einer Diskussionsrunde während des Handelsblatt-Energiegipfels in Berlin. Die Nachfrage beim Unternehmen sei im vergangenen Jahr in manchen Monaten mitunter auf das zehnfache Niveau im Vergleich zu 2021 gestiegen, und in diesem Jahr würden Solaranlagen weiter gepusht, weil ab Jahresbeginn von Privathaushalten georderte Anlagen von der Mehrwertsteuer befreit seien. Dominiert wird die ursprünglich hier entwickelte Technologie von asiatischen, meist chinesischen Anbietern, aber auch einige deutsche Anbieter befinden sich noch im Portfolio von zolar.
„Was die Grundstoffindustrie für PV angeht, haben wir mit Wacker Chemie noch einen großen Spieler in Deutschland, der 25 GW gutes Polysilizium zwangsarbeitsfrei und mit einem guten CO2-Fußabdruck hier herstellt,“ unterstrich Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger Technology, einem der großen hiesigen Hersteller von Solarmodulen. „So ganz allein sind wir in Deutschland nicht. Es gibt noch einen industriellen Kern, den es wieder aufzubauen gilt.“ Auch sein Unternehmen habe sich im vergangenen Jahr bei den Bestellungen mit dem Faktor 10 beschäftigen müssen, „aber auf noch kleinem Niveau“. Jetzt sei die Zeit gekommen, die PV-Industrie wieder dahin zu bringen, „mindestens eine kritische Größe wieder in Europa aufzubauen“.
Wenn es Anspruch der Politik sei, hier wieder kritische Mengen von PV oder Cleantech-Produkten herstellen zu lassen, müsse das auch politisch begleitet werden, findet Erfurt. IPCEI sei keine adäquate Antwort darauf. Was energieintensive Unternehmen wie Wacker oder zukünftige Kristallzüchter bräuchten, sei vielmehr eine passende Industriestromtarifierung, „gerne auch mit der Forderung, dass man sich selbst mit grünen PPAs aus dem Schlamassel zieht, langfristig dann aber eigenständig ist mit günstiger Energie“.
Über riesige Flächenpotenziale verfügt der ostdeutsche Braunkohleriese LEAG, um dort zukünftig PV aufzustellen. 33.000 Hektar sind es nach Angaben von LEAG-Chef Thorsten Kramer. In einem ersten Schritt soll ein PV-Park mit einer Leistung von 1.000 MW in Betrieb genommen werden, danach werde wohl auch die Windenergie folgen. Dann gehe es zudem um die Speicherung. Bereits seit 2 Jahren sei ein 50 MW-Speicher in Betrieb, ein zweiter mit 160 MW werde folgen. Für 2026 plant das Unternehmen Kramer zufolge einen weiteren Speicher mit 500 MW. „Am Ende macht es aber nur Sinn, wenn wir die Sektorkopplung bei der LEAG praktizieren. Das können dann Prozesse in der Elektrolyse sein oder auch für die Modulproduktion. Das wird ein Anreiz für den Strukturwandel in der Lausitz.“ Unterm Strich will das Unternehmen im Jahr 2030 7 GW Grünstrom produzieren, 2040 rund 14 GW. „Also die Planung ist weit.“
Schon heute den Schalter umlegen und die Braunkohle hinter sich lassen, das gehe bei der LEAG nicht, erklärte Kramer. „Wir brauchen weiterhin die Grundlastfähigkeit aus der Braunkohle. Wir liefern 10 Prozent vom deutschen Strommarkt, und das wird noch einige Jahre so weitergehen.“ Die Erlöse seien notwendig, um das Zukunftsgeschäft zu finanzieren, schließlich habe die LEAG, anders als RWE, nur ein einziges Standbein, und das sei derzeit noch die Verstromung der Braunkohle.