Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 484 Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von 1.925 MW errichtet. Wie die beiden Branchenverbände BWE und VDMA Power Systems mitteilten, lag der Bruttozubau damit um rund 35 Prozent über dem des Jahres 2020. Darunter waren 64 Anlagen mit einer Leistung von 244 MW, die im Rahmen des Repowering entstanden sind. Hermann Albers, Präsident des BWE, nannte das Ergebnis eine „Schlussbilanz der alten Regierung unter der Zuständigkeit von Peter Altmaier“, die bei Weitem nicht ausreiche, um den Klimazielen und dem wachsenden Strombedarf gerecht zu werden. „Auch 2022 werden wir noch mit diesen Altlasten leben müssen.“
Um so mehr freut sich Albers, dass Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck bereits deutlich gemacht habe, die Windenergie wieder zum „Lastesel der Energiewende“ mit einem Anteil von über 50 Prozent an den Erneuerbaren machen zu wollen. Das anvisierte Ziel einer Verdreifachung des Zubaus in Deutschland sei ambitioniert, „wir begrüßen den neuen Schwung, den wir nach vielen schwierigen Jahren in der Branche nun erleben“, bekennt der BWE-Chef.
Hervorgetan beim Zubau haben sich im vergangenen Jahr besonders 4 Bundesländer: Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, wo mit 1.433 MW satte 74 Prozent der gesamten neuinstallierten Leistung errichtet wurden. „Das ist gut, aber es ist eine schlechte Verteilung in Deutschland. Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Situation im verbrauchsstarken Südosten und Südwesten des Landes.“ Dort sei die Lage „dramatisch schlecht“. Um die Energiewende zu meistern, müssten sämtliche Bundesländer schnell aktiv werden. Nachholen und aufbauen müsse hier gelten.
Besonders die Hemmnisse durch die 10-H-Regelung in Bayern kritisierte Albers. Und auch das tagesaktuelle Ergebnis aus dem Gespräch hierzu zwischen Söder und Habeck und dem Zugeständnis „einer leichten Anpassungsreaktion“ biete keine Lösung. „Ich glaube, es braucht eine grundsätzliche Herausnahme der Regelung“, ist der BWE-Mann überzeugt. Generell seien die süddeutschen Bundesländer bei Windenergie an Land letztplatzierte. 2021 hätten sie nur 7,4 Prozent zum Ausbau beigetragen, sie müssten „deutlich auf die Tube drücken – nachholen und aufbauen“, wie Albers sagte.
Positiv werten die Verbände die Festlegung der Koalition, das Repowering erleichtern zu wollen. „Wir haben im gesamten Anlagenpark im Schnitt eine Leistung von 1,98 MW, bei den neuen Windenergieanlagen sind es durchschnittlich bereits 4 MW, und in manchen Projekten sogar bis zu 6 MW. Da ist die zügige Erneuerung des Anlagenparks schon ein goldener Schlüssel.“
Besonders wichtig ist der Branche die Umsetzung des Flächenziels von mindestens 2 Prozent. „Das hat oberste Priorität, ebenso wie eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, um die neueste und effizienteste Anlagentechnologie nutzen zu können“, erklärte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems. Zudem könne die Realisierung des Zubaus nur erfolgen, wenn die Transportbedingungen erheblich verbessert würden und ausreichend Fachkräfte insbesondere für die Errichtung und Inbetriebnahme vorhanden seien. Und Albers fügte hinzu, dass dringend Hemmnisse bei Drehfunkfeuer und Radar beseitigt werden müssten. Allein hierdurch würden derzeit Projekte mit einer Leistung von 7 GW verhindert.
Ende 2021 lag der Bestand der Windenergieanlagen in Deutschland bei 28.230 mit einer Gesamtleistung von 56.130 MW. Beim Ausblick auf das laufendende Jahr erwarten die Verbände auf Basis bereits bezuschusster Projekte und der bisherigen Realisierungsgeschwindigkeit einen Ausbau von 2,3 bis 2,7 GW.
Weltweit wurden 2021 nach Schätzung der Verbände bei Windenergie an Land rund 79 GW neuinstalliert, 9 Prozent weniger als im Rekordjahr 2020. Führend im Zubau sind danach China mit 40 GW und die USA mit 10 GW.