Rund 15 Millionen E-Autos sollen laut Koalitionsvertrag bis 2030 auf deutschen Straßen unterwegs sein. Damit das Ziel erreicht werden kann, will die Bundesregierung die Entwicklung mit einer Neuauflage des „Masterplan Ladeinfrastruktur 2.0“ flankieren. „Aber der Entwurf mit seinen 74 Maßnahmen hat uns nicht zufriedengestellt“, kommentierte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), auf einer Pressekonferenz zum Thema „Leitmarkt Elektromobilität – was muss jetzt passieren?“. Mit den im Entwurf genannten 74 Maßnahmen würde man „viel zu viel Vorgaben machen, was aus unserer Sicht ein zu großes Eingreifen in einen dynamischen Markt darstellen würde“. Ladeinfrastruktur könne man nicht am Reißbrett planen, Laden sei nicht wie Tanken.
Dass der Markt in diesem Bereich mittlerweile funktioniere, lasse sich erfreulicherweise am Ausbau der Ladesäulenzahlen ablesen. Anfang 2021 lag die Zahl Andreae zufolge bei 41.600 öffentlichen Ladepunkten, heute sind es 62.000. Und vor allem wächst die Zahl der effizienten Schnellladesäulen, die in demselben Zeitraum von 5.752 auf nun 9.395 gestiegen sei. Mehr aber als der Blick auf die Zahlen sei die abrufbare Leistung von Bedeutung. „Viele Akteure sehen diesen Markt mittlerweile als Geschäftsmodell der Zukunft. Diesen Impuls möchten wir behalten, denn wir wollen weiter einen dynamischen Markt, wo sich Technologien und Ideen entwickeln können und Wettbewerb zwischen den Akteuren möglich ist“, so die BDEW-Chefin.
Der „Geist des Masterplans“ gehe weit mehr in die Richtung von Planung und Steuerung, unterstrich auch Jan Strobel, Abteilungsleiter Regulierung, Marktkommunikation und Mobilität beim BDEW. Mit einem „zentralen Planungstool für Deutschland“ werde es schwierig, adäquate Lösungen zu finden. „Das wird an den Bedarfen vor Ort vorbeigehen und bricht sich mit der Realität“, ist er überzeugt. Was der Staat allerdings machen könne, um die Ladeinfrastruktur weiter zu unterstützen, sei, die Flächenverfügbarkeit voranzutreiben. Die Kommunen spielten gut mit, „vom Bund sind aber bis dato trotz seiner 19.000 Liegenschaften noch keine Angebote gekommen“. Ferner hält Strobel es für sinnvoll, staatliche, unbürokratische Förderprogramme für den Ladeinfrastrukturaufbau aufzulegen und in der Umsetzung schneller zu werden.
„Wir brauchen schnellere Genehmigungsverfahren für die Ladesäulen wie auch für die Stromnetze“, pflichtete Andreae bei. Gleichzeitig warnte sie davor, den Ausbau mit zusätzlichen Anforderungen komplizierter zu gestalten. „Ständige Nachrüstungen im Eichrecht, bei Kartenterminals und Smartmeter-Gateways, das sind Hemmnisse beim Ausbau der Ladeinfrastruktur.“
Eine Kehrtwende bei der Versteuerung von Dienstwagen hält Stef Cornelis, Direktor von Transport and Environment (T&E) Deutschland, einem Zusammenschluss von Umweltverbänden mit Verkehrsschwerpunkt auf europäischer Ebene, für einen „unterschätzten Hebel zu einem schnelleren Elektrifizierungsgrad“ auf deutschen Straßen. Mehr als 60 Prozent aller Neuzulassungen hierzulande seien meist hubraumstarke Verbrenner-Firmenwagen, die im Vergleich zu vielen Nachbarstaaten bis dato hier kaum besteuert würden. Durch eine Erhöhung der Abgaben würde die Nachfrage nach gewerblich genutzten E-Autos vorantrieben, ist er überzeugt.
Auch bei Plug-in-Hybridfahrzeugen sollte Cornelis zufolge angesetzt werden. Hier sei notwendig, die Kaufprämie auslaufen zu lassen. Im vergangenen Jahr habe dieses Fahrzeugsegment einen Anteil an den Neuzulassungen von 13 Prozent eingenommen, ungefähr zu rund 2/3 von gewerblichen Nutzern nachgefragt. Doch der Anteil der Fahrleistung über Batterie sei denkbar gering, so Cornelis, bei Dienstwagen liege er lediglich zwischen 11 und 14 Prozent. Private Käufer würden damit schon etwas häufiger elektrisch fahren, aber immer noch im sehr geringen Bereich.