Um künftig 25 neue Brennstoffzellenbusse betanken zu können – sowie vier emissionsfreie H2-Busse, die seit Anfang Mai 2022 in Bielefeld im Probebetrieb sind – will das Bielefelder Verkehrsunternehmen moBiel die Infrastruktur im so genannten „Innovationspark Sektorenkopplung“ ausbauen. Dabei soll auch ein Elektrolyseur für die H2-Eigenerzeugung entstehen. Über die Details des Projekts, die Kosten sowie über eine mögliche Vorbildwirkung für andere kommunale Verbünde sprach der EID mit Gerhard Sawatzky, Projektleiter Innovationspark Sektorenkopplung bei moBiel.
EID: Herr Sawatzky, welche H2-Tankmöglichkeiten bestehen bislang bei moBiel bzw. den Stadtwerken Bielefeld, und wie vorsorgen Sie sich aktuell für den bereits laufenden Probebetrieb der H2-Busse?
Sawatzky: Momentan werden die vier testweise betriebenen Brennstoffzellen-Busse an der bestehenden Wasserstoff-Tankstelle der moBiel betankt. Das H2 für diese Station beziehen wir aktuell noch von externen Anbietern.
EID: Für die H2-Betankung setzen Sie für die Zukunft aber auf die Eigenerzeugung von Wasserstoff. Über welche Leistung soll der im Innovationspark geplante Elektrolyseur verfügen?
Sawatzky: In der Tat wollen wir in Zukunft bei der Stadtwerke Bielefeld Gruppe im Innovationspark Sektorenkopplung – kurz: IPS –, wo die Wasserstoffbusse auch betankt und abgestellt werden, selbst Wasserstoff erzeugen. Im Herbst soll der erste Spatenstich für den Elektrolyseur erfolgen. Die Inbetriebnahme ist für das kommende Jahr geplant. Zunächst entsteht eine 1 MW-Anlage, die 400 kg Wasserstoff pro Tag erzeugen kann. Die Anlage kann auf Grundlage der vorliegenden Genehmigungen auf bis zu 6 MW ausgebaut werden.
EID: Wird der Wasserstoff-Output genügen, um die gesamte Flotte zu betankten? Oder wird man sogar überschüssiges H2 auch an andere Tankstellen liefern können?
Sawatzky: Der erzeugte Wasserstoff ist aufgrund von Fördergeldern lediglich an Mobilitätszwecke gebunden. Andere Wasserstoff-Tankstellen könnten also durch die Stadtwerke Bielefeld Gruppe durchaus beliefert werden.
EID: Sie wollen den Standort zudem weiter mit E-Ladetechnik auszurüsten ...
Sawatzky: Ja, unsere Brennstoffzellen-Busse können auch unmittelbar mit Strom betankt werden. Im Zuge der Erweiterung des IPS wird auch deshalb eine entsprechende Ladeinfrastruktur geschaffen, um ein solches direktes Betanken mit Strom zu ermöglichen.
EID: Sie planen zudem, den Strom für die H2-Herstellung und für die Ladesäulen – im kommunalen Verbund innerhalb der Stadtwerke Bielefeld-Gruppe – selbst zu produzieren. Welchen Platzbedarf hat eine solche Eigenerzeugungs-Lösung, sind neue Strom- oder Wasserstoffleitungen nötig?
Sawatzky: Der Strom für die Elektrolyse soll künftig umweltfreundlich durch die Abfall-Verwertung in der Müllverbrennungsanlage Bielefeld-Herford erzeugt werden. Die Stadtwerke Bielefeld Gruppe ist dabei in der hervorragenden Situation, Tankstelle, Elektrolyseur und die dafür notwendige Stromerzeugung auf einer Fläche, dem Innovationspark Sektorenkopplung, umsetzen zu können. Das Grundstück der Müllverbrennungsanlage grenzt direkt an den IPS an, wo heute bereits die Wasserstofftankstelle betrieben wird und eine Bushalle errichtet wurde. Zwischen Bushalle und MVA entsteht im kommenden Jahr der Elektrolyseur, so dass alle Baumaßnahmen in unmittelbarer Nähe zueinander stattfinden können. In diesem Zuge werden auch leistungsstärkere Stromleitungen auf dem Gelände verlegt, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Die IPS-Ausbaupläne sehen darüber hinaus den Bau einer neuen Bus-Abstellhalle vor. Auf der Dachfläche dieser Halle wird eine Photovoltaikanlage installiert, deren Strom ebenfalls u.a. für die Betankung der Busse genutzt werden kann.
EID: Können Sie grob umreißen, in welchen finanziellen Dimensionen das Gesamtprojekt oder einzelne Elemente wie der Elektrolyseur sich bewegen?
Sawatzky: Die Gesamtprojektkosten für den nächsten Ausbauschritt in unserem IPS belaufen sich auf etwa 45 Millionen Euro.
EID: Welche Rolle spielt dabei öffentliche Förderung?
Sawatzky: Die Förderung ist enorm wichtig, weil wir bei unseren Projekten teilweise mit 90 Prozent gefördert wurden bzw. werden.
EID: Welche Vorteile für den Nahverkehr in Bielefeld, aber womöglich auch Herausforderungen bringt der Einsatz von Wasserstoff-Bussen mit sich, etwa für die Linienplanung oder mit Blick auf Reichweiten bzw. das Nachtanken? Inwieweit kann die Umstellung den Nahverkehr in Bielefeld verteuern?
Sawatzky: Grundsätzlich wird durch die H2-Mobilität eine erhebliche CO2-Einsparung erzielt. Zugleich hat uns der Einsatz von Wasserstoff gezeigt, dass wir damit die gewohnte Stabilität bei ÖPNV-Dienstleistungen beibehalten können. Darüber hinaus bedeutet die H2-Nutzung in der Mobilität eine Schnittstelle zu anderen Sektoren der Wasserstofftechnologie.
Schon heute lässt sich feststellen, dass die Technologie praxistauglich ist, wie die Erfahrungen von moBiel zeigen. In den kommenden Jahren wird sie aber noch effizienter werden. Elektromobilität jeder Art, so auch die Brennstoffzellentechnik, ist dabei natürlich teurer als die Dieseltechnik und braucht die positive Steuerung der Entscheidungsgremien. In unserem Fall freuen wir uns sehr über eine breite Unterstützung.
EID: Ist das Projekt in Bielefeld vor allem aufgrund sehr spezieller räumlicher oder sonstiger Voraussetzungen möglich, oder könnte es nach Ihrer Einschätzung Beispiel-Charakter auch für andere Kommunen haben?
Sawatzky: In der Tat profitiert die Stadtwerke Bielefeld Gruppe bei diesem Vorhaben stark von den verfügbaren Flächen, auf denen die Sektorenkopplung mit der Stromgewinnung aus der Abfallverwertung, die eigene Herstellung von Wasserstoff und letztendlich ein emissionsfreier Nahverkehr in Bielefeld möglich ist. Seit der Eröffnung des IPS und dem Start des Probebetriebs der Wasserstoffbusse stellen wir allerdings fest, dass dieses Projekt eine Strahlkraft weit über die Grenzen Bielefelds hinaus hat. Es erreichen uns viele externe Anfragen zu diesen Projekten und wir haben den Eindruck, dass dies sich auch auf andere Kommunen durchaus motivierend auswirkt.
EID: Herr Sawatzky, vielen Dank für das Gespräch.