Im Umspannwerk Hamburg Ost tragen ab sofort zwei weitere so genannte Phasenschiebertransformatoren (PST) des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz zur Auflösung von Netzengpässen bei. Die ersten beiden der insgesamt vier PST waren bereits im November 2022 ans Netz gegangen. Konkret sollen sich durch die Anlagen die Lastflüsse besser steuern lassen, wodurch Stromleitungen höher ausgelastet und mehr erneuerbare Energien ins Stromnetz integriert werden könnten. Damit gelange auch mehr Erneuerbaren-Strom aus dem Norden Deutschlands sowohl in die Hansestadt als auch in die Lastzentren im Süden des Landes, wie es von 50Hertz heißt. Das Umspannwerk Hamburg Ost bildet dabei laut Betreiber einen strategischen Netzknoten, an dem sowohl mehrere Leitungen des Übertragungsnetzes als auch Übergabepunkte zum Hamburger Verteilnetz zusammenlaufen. Beteiligt an der PST-Errichtung selbst waren auch die Technologie-Unternehmen Siemens und Hitachi.
Durch die nun mögliche Höherauslastung der Leitungen müssten Windenergieanlagen vor allem in Schleswig-Holstein seltener abgeregelt werden - der absolvierte Testbetrieb seit Juni habe dies bestätigt, bekundete auf der Einweihungsfeier 50Hertz-CEO Stefan Kapferer. "Die Fakten zeigen, dass die zuvor noch theoretischen Berechnungen, die man im Rahmen der Netzentwicklungsplanung macht, als ÜNB gemeinsam mit der Bundesnetzagentur, sich auch im Echtbetrieb bestätigen", so Kapferer. "Wir können feststellen, dass wir in den drei Monaten 450 GWh Strom zusätzlich ins Netz integrieren konnten - und das bedeutet an anderer Stelle weniger Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen, weniger Redispatchkosten." Am Ende sei ein Betrag von etwa 15 Millionen Euro eingespart worden, der sich "hier positiv zugunsten der Netzkunden abbildet". Dem stünden Kosten für die PST von etwa 10 Millionen Euro gegenüber. 50Hertz erwartet dabei, dass die PST durch die erhöhte Windstromeinspeisung "gerade in den Herbst- und Wintermonaten ihr volles Potenzial entfalten" werden. Als Nebeneffekt sorge die bessere Lastflusssteuerung auch für mehr Netzstabilität im Großraum Hamburg.
Die ebenfalls bei der Einweihung anwesende Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Kornelia Haller, rückte die Umsetzung des Projekts in den Zusammenhang der Debatte um die Akzeptanz bei großen Netz- oder Erzeugungsausbauprojekten im Zuge der Energiewende. Zum einen verwies sie darauf, "dass wir aufpassen müssen, dass die Stromkosten und Netzentgelt nicht durch die Decke gehen". Zum anderen werde man die Bevölkerung im Zuge solcher Projekte dann "nicht verlieren", wenn man die "Probleme löst, die da sind". In der "Art und Weise, wie dieses Projekt zustande gekommen ist", lobte Haller, "müssen wir auch alle anderen Netzausbauprojekte in Deutschland lösen, so schnell wie möglich, so effizient wie möglich, so kostensparend wie möglich". Auch Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan bestätigte, die Bundesnetzagentur, 50Hertz und der Hamburger Senat hätten "gut kooperiert bei einem so wichtigen Projekt - es ist nicht aus dem Ruder gelaufen, keine großen Katastrophen, kein Streit", so der Senator.
50Hertz-Chef Kapferer ließ es sich indes nicht nehmen, in Anwesenheit der Bundesnetzagentur-Vizechefin im Kontext der Netzfinanzierung zu betonen, Politik, ÜNB und Regulierer hätten aus seiner Sicht "die Aufgabe, noch einmal darüber zu sprechen, wie teuer der Netzausbau in Deutschland" werde. Er verweis als Beispiel für zusätzliche aktuelle Belastungen für die Netzunternehmen etwa auf die Pflicht zur Erdverkabelung bei den großen DC-Korridoren, "die erhebliche Mehrkosten verursachen" werde.
Die vier PST von 50Hertz in Hamburg-Ost, Anlagen jeweils mit einem Gewicht von rund 800 Tonnen, waren von der Bundesnetzagentur im Netzentwicklungsplan Ende 2017 bestätigt worden. Seither wurden sie im Zuge einer parallel laufenden Modernisierung des Umspannwerks Hamburg Ost, an dem auch Stromnetz Hamburg, Eurovia und weitere Unternehmen beteiligt waren, realisiert.