Mit Kritik am geplanten Gas- bzw. Wasserstoffnetz-Unbundling, das die EU-Kommission vorgeschlagen hat, wurde auf der derzeit in Berlin laufenden VKU Verbandstagung 2023 von kommunaler Seite nicht gespart. "Mit besonderer Aufmerksamkeit schauen wir nach Brüssel, wo auf europäischer Ebene über das Unbundling von Gas- und Wasserstoffnetzen diskutiert wird", betonte der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing. "Die Pläne der EU-Kommission, das zu trennen, wird den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mit Sicherheit nicht fördern, eher massiv behindern", zeigte er sich überzeugt.
Ein breites Bündnis hatte jüngst den Vorschlag der Kommission zur eigentumsrechtlichen Trennung von Wasserstoff- und Gasnetzen, zumindest auf Verteilnetzebene kritisiert. Liebing weiß sich zudem im Einklang mit einer Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, das die Position der kommunalen Unternehmen unterstützt. Im ITRE-Ausschuss hatte das Parlament sich gegen das Unbundling gestellt. Allerdings teilt im Trilog-Verfahren - wie die Kommission - auch der EU-Rat diese Auffassung nicht, insbesondere auch nicht das deutsche Wirtschaftsministerium. Auf der Verbandstagung bekräftigte indes die Ablehnung des Unbundlings die EP-Abgeordnete Marion Walsmann, kommunalpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. "Die Wasserstoffnetze der Zukunft, die bauen auf den Gasnetzen der Gegenwart auf. Und wer etwas anderes anstrebt, der ist mit der Realität nicht in Verbindung", so Walsmann.
Unterstützung erhielten Liebing und Walsmann auch von anderer - prominenter - Seite. Bundesfinanzminister und zweiter Vizekanzler Christian Lindner (FDP) betonte auf dem Berliner Podium, "ich finde es töricht, wenn wir die Kompetenzen, die wir im Gasbereich in den Betrieben haben, nicht auch nutzen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft - das wäre Verschwendung volkswirtschaftlicher Werte", so Lindner.
Ähnlich äußerte sich der CDU-Vorsitzende, Friedrich Merz. "Warum diskutiert die EU-Kommission schon wieder über das Thema Unbundling, nachdem wir doch beim Gas nicht nur gute Erfahrungen damit gemacht haben. Zum Thema "Unbundling jetzt auch zwischen Gas und Wasserstoff haben wir eine andere Meingung", so der Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. "Wenn wir Gasnetze zur Verfügung haben, was spricht eigentlich dagegen, diese Netze, wenn sie dazu geeignet sind - das sind nicht alle, aber viele -, dann auch in Zukunft dafür zu nutzen, Wasserstoff darin zu transportieren."
Ins selbe Horn stieß auf dem der Verbandstagung Stadtwerke-München-Chef Florian Bieberbach - und ging in seiner Kritik an der Brüsseler H2-Politik noch einen Schritt weiter. "Hinzu kommt noch das Problem mit den Elektrolyseuren", so Bieberbach. Anstatt sich ein Beispiel zu nehmen an anderen Ländern wie USA, Großbritannien oder Norwegen, die Wasserstoff im großen Stil vorantrieben, verliere sich die EU-Kommission "in kleinteiligen Diskussionen, ob das Windrad direkt neben dem Elektrolyseur stehen und zur gleichen Zeit produzieren" müsse. "Das ist volks- und energiewirtschaftlich Unsinn - aus einer reinen ideologischen Feindseligkeit gegen kommunale Unternehmen", so Bieberbach, der darauf setzt, dass die Regelungen "durch intensive Arbeit in Brüssel" noch verhindert werden können - Bieberbach ist auch Chef des europäischen Verbands der kommunalen und regionalen Versorger, CEDEC. Auch CDU-Chef Merz betonte in Berlin, "aus meiner Sicht ist du zu viel Mikromanagement unterwegs".
Merz votierte zudem dafür, nicht nur grüner Wasserstoff müsse zugelassen werden, "sondern jede andere Form auch, keine Restriktionen". Einig war sich der CDU-Politiker in dieser Frage mit FDP-Chef Lindner: "Wir haben natürlich alle das Ziel, dass der grüne Wasserstoff Kern einer neuen H2-Wirtschaft sein soll, aber der ist sehr knapp und teuer", so Lindner. "Zumindest für eine Übergangszeit brauchen wir auch die anderen Farben des Wasserstoffs, den aus Abfall, den aus Erdgas gewonnenen Wasserstoff, meinetwegen auch den, der mit Hilfe von Nuklearenergie gewonnene ist." Überhaupt bezahlbaren Wasserstoff in ausreichender Menge verfügbare zu haben, sei bereits eine Herausforderung, "wir sollten da nicht zu wählerisch sein am Beginn einer H2-Wirtschaft".