Nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jüngst "Klimaklagen" gegen die Autobauer BMW und Mercedes-Benz eingereicht hat, nimmt der Umweltverband nun mit der Kasseler Wintershall Dea einen ersten Energiekonzern mit einer Klage ins Visier. Die DUH stützt sich bei ihrem Vorgehen gegen Wintershall Dea - als nach eigenen Angaben „führendem unabhängige Öl- und Gaskonzern Europas“ - auf das jüngste Klimagerechtigkeits-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Vor Einreichung der Klage beim LG Kassel hatten die DUH dem Konzern eine Frist gesetzt. Wintershall Dea sollte sich zur Einhaltung eines "Paris-kompatiblen CO2-Budgets verpflichten" und "spätestens ab 2026 keine neue Erdöl- bzw. Erdgas-Förderung mehr beginnen". Das Unternehmen hatte die Forderungen zurückgewiesen.
Konkret sei Wintershall Dea für "Emissionen von 80 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich", argumentiert die DUH. "Mit seiner Erdöl- und Erdgasförderung steht Wintershall Dea für eine Wirtschaftsweise, die nicht fortgesetzt werden darf, wenn wir die Grundrechte von jungen Menschen und künftigen Generationen schützen möchten", nimmt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, Bezug auf die Logik des jüngsten BVerfG-Urteils, das bereits zu einer Änderung des deutschen Klimaschutzgesetzes geführt hat. Dem DUH ein Dorn im Auge und Argument im Rahmen der Klage ist neben den weltweiten Erdöl- und Erdgasprojekten auch der Umstand, dass Wintershall Dea an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 finanziell beteiligt ist.
Das Upstream-Unternehmen hingegen verwies im Vorfeld des Klageeingangs darauf, selbst "keine Raffinerien oder Tankstellen" zu betreiben. Mit der Erdgas-Produktion leiste das Unternehmen vielmehr "einen Beitrag zu mehr Klimaschutz, indem wir die Verstromung von Kohle durch klimaschonenderes Erdgas ersetzen und die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas ermöglichen", so die Reaktion. Zugleich müsse "eine ausreichende und verlässliche Energieversorgung im Zuge der Daseinsvorsorge sichergestellt" sein. Firmenchef Mario Mehren hatte zudem jüngst darauf verwiesen, Wintershall Dea habe sich das Ziel gesetzt, "die Treibhausgas-Emissionen bei der Suche und Förderung von Erdgas und Erdöl - Scope 1 und 2 für eigenoperierte und nicht eigenoperierte Aktivitäten entsprechend der anteiligen Produktion - bis 2030 auf netto-null zu reduzieren".
Neben dem Votum des Bundesverfassungsgerichts zur Generationengerechtigkeit hatte im Mai dieses Jahres ein weiteres prominentes Klima-Urteil für Schlagzeilen gesorgt. Ein niederländisches Gericht hatte die Royal Dutch Shell verpflichtet, die CO2-Emissionen des Konzerns bis 2030 um netto 45 Prozent gegenüber dem Stand 2019 zu verringern. Shell hatte sich gegen den Richterspruch zur Wehr gesetzt.
Weitere DUH-Klimaklage - Wintershall Dea argumentiert, Gas ersetze Kohle
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