Nach der Wärmewende-Gesetzgebung gehe es jetzt um die Umsetzung vor Ort, betont Robert Habeck, der von der Netzbranche mehr Effizienz fordert – ihr aber auch neue Geldquellen in Aussicht stellt.
Nach dem Heizungsgesetz ist vor dem Wärmeplanungsgesetz – die Debatten um das nach dem jüngst finalisierten GEG nun als nächstes zur Beschlussfassung anstehenden WPG, aber auch der über die Wärmepumpen-Technologie damit einhergehende dringliche Ausbau des Stromnetzes – beherrschten den jüngst zu Ende gegangenen VKU-Stadtwerkekongress in Köln. „Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Fehler aus dem gerade beschlossenen Gebäudeenergiegesetz nicht übertragen werden in das Wärmeplanungsgesetz“, hatte bereits im Rahmen einer Vorab-Pressekonferenz zum Kongress in den Räumen des Gastgebers, der Kölner RheinEnergie, VKU- Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing betont. Zwar sei der VKU nach Anpassungen in vielen Punkten der finalen GEG-Fassung durchaus einig mit der Bundesregierung: „Es findet nun die Verzahnung mit der Wärmeplanung vor Ort statt“, das sei besser als „One-size-fits-all von Berlin aus“, so Liebing. Und für das weit fortgeschrittene Wärmeplanungsgesetz gebe es „im Grundsatz nun absolute Unterstützung für die Bundesregierung“. Trotzdem sieht der VKU einigen Verbesserungsbedarf, und dies müsse „nun in den nächsten Wochen Thema im parlamentarischen Prozess sein“. Die Gefahr einer Fehlerübertragung sieht Liebing beispielsweise beim Konzessionsrecht – speziell in Verbindung mit der gesetzlichen Pflicht zu verbindlichen Fahrplänen, die Gasnetzbetreiber erstellen sollen für den Übergang zur Wasserstoff-Struktur. „Es muss geklärt werden, was eigentlich mit diesen Fahrplänen geschieht, wenn die zugrunde liegenden Konzessionen auslaufen – eine völlig offene Frage, die sich durch Gesetzgebung klären lässt“, so Liebing, der dafür plädiert, diesen und weitere Punkte mit der Wärmeplanung zusammen zu regeln.
Der zentral für das Heizungs- wie auch das Wärmeplanungsgesetz zuständige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der die politischen „Hausaufgaben“ mit der Wärmewende-Gesetzgebung nun weitgehend als gemacht bezeichnete, gab einen Einblick in letzte Anpassungen rund um das vom Bundestag bereits abgesegnete GEG. „Es ist ein wichtiges Gesetz verabschiedet worden mit dem Gebäudeenergiegesetz“. Die Regelungen würden „in den nächsten Tagen und Wochen noch ein wenig kalibriert“, so Habeck. Er nannte den von Bauministerin Klara Geywitz und ihm – im Einklang mit dem Bundeskanzler – in den letzten Tagen neu vorgeschlagenen so genannten „Speed-Bonus“, bei dem die Förderung für Sanierung und für Wärmepumpen „nochmal stärker gestaucht“ werden sollen, indem für die Jahre 2024 und 2025 „mehr gefördert und dann etwas früher abgeschmolzen“ werde, „damit die Bauwirtschaft einen konjunkturellen Impuls bekommt“, wie Habeck erläuterte. Nach der dazu noch ausstehenden Haushaltsausschuss-Befassung rechne er damit, „dass wir da innerhalb von wenigen Wochen Klarheit haben, wie die Förderung im Konkreten aussieht“, betonte der Minister. Zudem beschwichtigte Habeck mit Blick auf eine jüngste Äußerung seiner Bau-Kabinettskollegin Geywitz, man werde „das GEG nochmals verändern“. Die Worte hätten sich nicht auf die Debatten bezogen, die man im letzten halben Jahr in der Koalition ausgefochten habe. Es gehe vielmehr darum, „uns zusätzlich den Lebenszyklus von Baustoffen anzuschauen – also Klimaschutz nicht nur über den Brennstoff bzw. den Austausch hin zu Wärmepumpen und Fernwärme, sondern auch über den CO2-Schattenpreis im Zement, im Beton, in den Dachziegeln“. Es gehe um nachhaltige Baustoffe, um Recycling-Kreisläufe und den Einsatz nachwachsender Rohstoffe“, so Habeck. Es stehe aber keineswegs die nächste große GEG-Reform „unmittelbar an“ – „das ist sicherlich ein Projekt eher für die nächste Legislatur“, betonte der Minister.
Während also politische Weichenstellungen vorerst vollzogen worden seien, spielte Habeck den Ball in Sachen Wärmewende nun aber vor allem in Richtung Branche. Die große Aufgabe liege jetzt in der „Umsetzung“, vor allem bei den Kommunen. Im letzten halben Jahr sei die Debatte bestimmt gewesen von der Wärmefrage. Hinzu kämen aber etwa auch der Hochlauf der Elektromobilität. „Wir haben zudem im letzten Jahr einen enormen Boom ausgelöst bei Solaranlagen und Windkraftanlagen – das werden Sie in Ihren eigenen Kommunen mitbekommen haben“, wandte sich Habeck an das in Köln versammelte Stadtwerke-Publikum. Die Jahres-Zielzahlen für Solar seien bereits im August erreicht worden. „Es wird also ein zweistelliger Gigawatt-Zubau werden“ in diesem Jahr, so die Einschätzung des Ministers. Die Umsetzung all dieser Transformations-Aufgaben hänge nun „zwingend“ daran, dass der Strom für die vielfältigen Anwendungen „auch transportiert werden“ könne. Neben dem Wärmebereich, „also vor allem der Fernwärme, die jetzt geplant und ausgebaut werden“ müsse – seien nun Investitionen in die Strom-Verteilnetze nötig, so Habeck.
Mit Blick auf die von den Netzbetreibern und dem VKU in diesem Zusammenhang wiederholt geforderte höhere Netzrendite als Investitions-Anreiz gab der Minister zu bedenken, „fehlende Investitionen, manchmal stockende Investitionen scheinen mir nicht nur am Eigenkapital-Zins zu liegen, sondern mitunter auch an den klassischen Hemmnissen, die momentan den Ausbau der Infrastruktur in Deutschland erschweren“. Neben mangelndem „Planungs-Personal“ fehle mitunter „auch die Entschiedenheit vor Ort“, so Habeck. Die Aufgabe „innerhalb des VKU“ sehe er darin, hier gegenzuwirken. Insbesondere verwies Habeck darauf, dass es „ein sehr unterschiedliches Trägersystem des Verteilnetzes“ gebe aus einigen sehr großen und leistungsfähigen, aber auch kleineren Unternehmen. „Das darf auf keinen Fall dazu führen, dass Investitionen unterbleiben“, betonte der Minister. Schon heute könnten Solaranlagen nicht mehr angeschlossen werden, weil das Verteilnetz nicht ausgebaut sei. „Das sind noch Einzelfälle, aber die nehmen mit der Geschwindigkeit des Ausbaus von Wallboxen, Ladesäulen, von Solaranlagen auf dem Dach, von Wärmepumpen zu, und das kann schnell zu politischem Verdruss führen“, warnte Habeck, der forderte, „die Effizienzen des Netzbetriebs optimal zu allokieren innerhalb der kommunalen Familie“. Er verwies auf „Möglichkeiten, günstiger auszubauen, zu planen, von einander zu lernen anhand von best practice-Beispielen“ – oder indem man „in größeren Einheiten“ vorgehe.
Dennoch gab Habeck mit Blick auf die von der Bundesnetzagentur bis Ende des Jahres zu entscheidende Frage der Höhe der Netzentgelte für die kommende Regulierungsperiode – mit Verweis darauf, dass die Behörde unabhängig entscheide – seine Einschätzung ab, er rechne beim EK-Zins „mit einer Zahl, die sicherlich größer sein wird als fünf, aber ob sie so hoch sein wird, wie Sie es sich wünschen, das kann ich nicht sagen“. In Sachen Netzfinanzierung ging der Minister indes noch einen Schritt weiter: Angesprochen auf mögliche zusätzliche Mittelbereitstellung für die Mammutaufgabe Netzausbau – und ausdrücklich im Gegenzug zur geforderten kooperativen Effizienzsteigerung bei den Netzbetreibern – betonte er, „ich will keinen Hehl aus meiner Haltung machen, dass wir uns die Günstigkeit der Refinanzierung, die über direkte staatliche Anleihe möglich ist, nicht entgehen lassen sollten – jedenfalls sollten wir das in Erwägung ziehen“. „Staatlichen Anteile“ könnten „die Finanzierung von Investitionen günstiger machen“ bzw. die Belastung „etwas abmildern“, so Habeck unter Applaus der versammelten Netzbranche. „Das kann man ideologisch betrachten und sagen, das machen wir lieber nicht.“ Aber tatsächlich handele es sich beim Netzbetrieb um einen „sehr monopolisierten Markt“. Es könne hier „eine Antwort geben“ neben bzw. zwischen „einer hohen Eigenkapitalverzinsung und dem, was die Bundesnetzagentur für möglich hält“, so Habeck. „Ich würde für beides“ – staatliche Finanzierung und mehr Effizienz bei den Netzbetreibern – „sehr stark werben, aber ich kann das noch nicht abschließend verkünden“, so Habeck, der der VKU-Führung Gespräche dazu anbot.